überall blau, ein teurer Strafzettel & heikle Situationen (oder wie wir uns mal wieder abzocken lassen…)

Casablanca reizte uns schon im Vorfeld nicht. Ein kurzer Stopp an der „Hassan II.-Moschee“ (zweithöchstes Minarett und zweithöchste religiöse Bauwerk der Welt) und weiter ging es nach Rabat, in die Hauptstadt Marokkos. Unsere Unterkunft war – wie sollte es anders sein – mittendrin im Souk, der hier eher einem großen „Polenmarkt“ ähnelte und überhaupt keinen Charme versprühte. Unsere Unterkunft war zusammengeschustert, alles fühlte sich klamm an, die Nacht war unglaublich kalt und die Nachtbaustelle vor dem Fenster brachte uns trotz Ohrstöpsel keinen erholsamen Schlaf. Als wir am nächsten Morgen an unser Auto kamen war dies an der Fahrertüre mit einem Schlüssel zerkratzt worden und der „Parkwächter“ versuchte uns ein weiteres Mal abzukassieren. Immerhin waren wir zum Abendessen in einem traditionellen Restaurant gelandet und die „Tajine“ (aus Lehm gebranntes Schmorgefäß mit spitzem Deckel, in dem verschiedene Speisen über offener Flamme gegart werden) schmeckte besser als gedacht, wenn auch die Verwendung von zu viel Zimt, Rosinen und Pflaumen zu Couscous und tot gegartem Rind wirklich gewöhnungsbedürftig ist.

Weiter durchs Landesinnere vorbei an karger Landschaft und kleinen Dörfern bahnten wir uns im Schneckentempo unseren Weg ins 250 Kilometer entfernte „Chefchaouen“. Auch unter den Namen „El Aaiún“ und „blaue Stadt“ bekannt. Und dann ist es passiert. Wir biegen ab und werden von einem Polizisten heraus gewunken. 20 Minuten später erhalten wir Führerschein und Fahrzeugpapiere zurück und sind 40,00 Euro ärmer. – wir hatten eines der in Marokko sehr schlecht platzierten Stoppschilder übersehen.

Tee trinken, durch die blauen Gassen schlendern, Sonne tanken, Seele baumeln lassen und dem geschäftigen Treiben zusehen, waren zwei Tage lang unsere Beschäftigung. Auch hier grüßten uns alle mit „Alibaba“ & „Fatima“ und versuchten uns Marihuana und anderes Zeug zu verkaufen. Überall lag ein Geruch von Katerurin in der Luft – kein Wunder, denn in der Stadt waren mehr Katzen als Touristen unterwegs.

In „Fès“ ist es dann passiert. Man sollte meinen wir seien nunmehr geübt und würden eine „Abzocke“ schon am Ansatz erkennen, aber nein! Wieder einmal Lehrgeld bezahlt.
Aber von vorne: mit maps.me bahnten wir uns unseren Weg durch die engen und verwinkelten Gassen der „Medina“ (Altstadt) auf dem Weg zu einer alten traditionellen Gerberei. Zum ersten Mal in Marokko erlebten wir, dass die Menschen hektisch unterwegs waren, schubsten und drängelten. Davon unbeeindruckt bogen wir um die nächste Ecke und los ging es. „My friend, this way to the tannery, I can show you.“ Dann sagte er noch was von Abzocke, überfüllt und er zeigt uns eine andere Gerberei seiner Familie, bevor er neben uns herlief. Auf die Frage hin was uns das kosten würde sagte er lediglich: „nur das was ihr dort kauft.“
Irgendwie fühlten wir uns wie zwei Antiquitätenjäger auf der Suche nach dem nächsten Schatz, wie wir so zickzack im Schnellschritt durch Schleichwege quer durch die Medina hinter ihm her irrten, David immer wieder den Kopf einziehen musste und wir in den dunklen, lichtverlassenen Gängen hofften nicht zu stolpern. – und plötzlich traten uns Tränen in die Augen. Ein unbeschreiblich beißender Geruch stieg uns in die Nase und Sabrina musste würgen. Überall hingen gefärbte Lederlappen. In den Ecken lagen noch die Häute samt Fell. Die Becken waren gefüllt von übel riechenden Substanzen und in kleinen Räumen saßen Menschen die das Leder vorbereiteten. Interessant und befremdlich. Im Eiltempo wurden wir durchgeschleust bevor es auf eine Anhöhe ging, von wo aus wir einen tollen Blick auf die Stadt hatten. „You are hungry? I know good traditionally moroccan food!“ – hungrig waren wir tatsächlich, auch wenn sich unsere Mägen nach diesem Geruch erst einmal wieder beruhigen mussten. Wir irrten also wieder durch die Gassen, plötzlich zu viert. Angekommen in dem Restaurant mit Dachterrasse ging es dann zur Sache. Wir sollten plötzlich doch etwas für die Führung bezahlen. Fünf Euro waren zu wenig und beide – sie waren ja mittlerweile zu zweit – wurden leicht wütend. Ein Wort wechselte das Andere, David packte den Geldbeutel zwischenzeitlich wieder ein und deutete an gleich aufzustehen. Weitere Diskussion, dann gab David ihm zehn Euro und signalisierte Ihnen sich davon zu machen. Heikle Situation, da wir nicht wussten was uns eventuell vor dem Restaurant erwarten würde. Zuvor gab es ja erst einmal unser 3-Gänge-Menü. Klingt lecker, war das Beschissenste was wir je vorgesetzt bekommen hatten. Für kalten Reis, ein paar kalte Kartoffelscheiben und etwa 5 Stückchen trockenes Hühnchenfleisch sowie zwei Stückchen Gebäck sollten wir weitere 22,00 Euro Lehrgeld bezahlen. – wir nahmen es mit Humor und konnten nur noch darüber lachen…

Als wir zurück in den engen Gassen waren und uns nun den Weg zur eigentlichen Gerberei suchten, waren die nächsten „I show you the way“ nicht weit. Wir hatten die Schnauze voll und liefen in die entgegengesetzte Richtung.
Am nächsten Morgen fuhren wir dann mit dem Auto um die Altstadt auf den Parkplatz der Gerberei. Natürlich kam direkt wieder jemand auf uns zugelaufen, dieses Mal ein Mitarbeiter der Gerberei in einem Ganzkörperkondom. „This way!“ – ja na klar, die Masche kennen wir, dachten wir uns und folgten ihm. 🙈
Wir liefen mit unseren Schuhen durch rutschige blaue, weiße und gelbe Flüssigkeiten, bedacht darauf nicht auszurutschen und dank des Gestanks auch hier wieder kurz davor uns zu übergeben. Kleine Stufen hier hinauf, eine Leiter dort nach oben und schon standen wir auf einem Vordach gegenüber der offiziellen Touristenterrasse, mit wundervollem Blick auf die Gerberei. Wir waren schon darauf eingestellt dass er nun die Hand aufhalten würde aber er drehte sich um und ging wieder an die Arbeit. David drückte ihm dennoch 2,00 Euro in die Hand und bedankte sich. Drei Minuten und einige Fotos später stand ein aufdringlicher junger Kerl vor uns. Natürlich wollte er Geld. Er sei der Guardian, bla bla bla. Wir taten als würden wir ihn nicht verstehen und bahnten uns unseren Weg an ihm vorbei Richtung Ausgang. Zu unserem Glück überholte er uns irgendwann und lief mit großem Abstand vorweg, irgendetwas auf arabisch irgendwem zurufend. Sein Pech, denn wir bogen hinter ihm nach links ab, David voraus, mir zurufend: „Frau, lauf schneller!“ und dann flüchteten wir zu unserem Auto, wo David auf das Gaspedal trat als gäbe es kein Morgen mehr. Aus dem Blickwinkel heraus sahen wir ihn mit fünf weiteren Männern fluchend und wütend am Ausgang stehen. – Adrenalingeladen gaben David und ich uns ein „High Five“ und fuhren davon.
(Hier sei noch kurz erwähnt, dass die Besichtigung von der Besucherterrasse keinen Eintritt kostet. Diese (einschüchternde) Art wenn mehrere junge Marokkaner dich bedrängen für irgendetwas Geld zu bezahlen ist leider gängige Praxis in Marokko und ist unter anderem der hohen Arbeitslosenquote der Jugendlichen geschuldet.)

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